Reform des RBerG - und was dann?

Die anstehende Reform des RBerG soll - so Verlautbarungen aus dem BMJ - auch die geforderte Erlaubnis zur Rechtsberatung für Absolventen der Studiengänge Wirtschaftsrecht an Fachhochschulen mit sich bringen.

Ob dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, dafür setzt sich der WJFH mit Nachdruck ein, ist bei allem Optimismus noch offen. Unterstellt man, dass die gewünschten Änderungen kommen, bleibt die Frage: Was bedeutet das tatsächlich für die Absolventen?

Zum einen muss darauf verwiesen werden, dass die Selbständigenquote in Deutschland bei etwa 11% liegt; dabei ist es noch die Frage, ob der derzeitige Rechtsberatungsmarkt überhaupt ausreichend lukrativ ist. Zum anderen kann es u. E. nicht zutreffend sein, dass analog der Rechtsanwaltsschwemme auch die Absolventen der Studiengänge Wirtschaftsrecht aus Gründen der bloßen Existenznot auf den Rechtsberatungsmarkt strömen. Ein Teil der 127.000 selbständigen Rechtsanwälte lebt von einer der fast 10jährigen Ausbildung nicht adäquaten Bezahlung.

Solange wir den Umfang der Reform nicht kennen, können wir natürlich über den rechtlichen Rahmen nur spekulieren. Der WJFH setzt sich für eine vollumfängliche Erlaubnis für die Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) ein.  Darum soll es hier aber auch gar nicht gehen. Es interessiert vielmehr die Frage, welche Perspektiven ergeben sich am Markt? Wo liegen die Chancen der Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) und wo haben sie Nachteile.

Viele Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) verstehen sich in erster Linie als Juristen mit wirtschaftlichem Hintergrund, so ist die Ausbildung auch angelegt, und daher sehen sie sich künftig auch in erster Linie im Wettbewerb zu den Rechtsanwälten. Hier irren die Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) und der Markt wird ihnen das gnadenlos aufzeigen.

Das rührt nicht aus fehlender Qualifikation oder fehlendem Selbstverständnis die Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) gehen völlig zu recht davon aus, dass sie sich auf Grund ihrer Ausbildung mit ihren anwaltlichen Kollegen messen können. Es wird und darf auch daher nicht dazu kommen, dass Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) ihre Dienstleistungen günstiger als Rechtsanwälte anbieten hier gilt es auch der Gefahr vorzubeugen, dass durch günstigere Preis impliziert eine schlechtere Qualität sugerriert wird. Aber viel wichtiger noch: Dafür gibt es keinerlei Anlass.Worin liegt nun aber der große Nachteil, welcher die Rechtsberatungskanzlei eines Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) von vorneherein zum Scheitern verurteilt?

Es ist mithin offensichtlich. Es wird ausschließlich den Rechtsanwälten vorbehalten bleiben, die Mandaten gerichtlich zu vertreten. Kein Mandant wird erst einen Rechtsberater bezahlen, um dann später zusätzlich auch noch einen Rechtsanwalt zu bezahlen und in einem Kostenfestsetzungsverfahren nach gewonnenem Rechtsstreit auf den Kosten für den Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) sitzen zu bleiben. Das macht für den Mandanten keinen Sinn.

Hieran werden auch die meisten Kooperationsmodelle scheitern, die sich viele Absolventen schon vorstellen. Selbst wenn das zwischen Diplom-Wirtschaftsjurist (FH) und Rechtsanwalt noch funktionieren wird Mandanten werden ein solches Produkt kaum kaufen und spätestens beim zweiten Mal gleich zum Rechtsanwalt gehen. Der Illusion, eine rein beratende Kanzlei eröffnen zu können, geben sich auch gerne Rechtsanwälte hin - es gelingt aber nur den großen Top-Kanzleien und einigen wenigen Boutiquen in ausgefallenen Rechtsgebieten. In einer Form des selbständigen juristischen Zuarbeiters als Fallbearbeiter (vielleicht sogar als Scheinselbständiger) sehen wir auch nicht den erstrebenswerten Rechtsberater. Dann ist eine Anstellung zumal lohnender.

Auch werden sich Sozietäten mit Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) und Rechtsanwälten schwierig gestalten lassen (sollten diese überhaupt erlaubt werden) denn hier soll der Rechtsanwalt mit größerer - im Sinne des gesetzlich normierten Tätigkeitsfeldes - Kompetenz für den Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) die unliebsame Prozessvertretung besorgen, während Letzterer ausschließlich das lukrative und arbeitstechnisch angenehmere Beratungsgeschäft wahrnimmt. Das dürfte auf Dauer zu Problemen in der "Partnerschaft" führen. Auch hier sehen wir kaum realistische Chancen für Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) selbständig tätig zu werden.

Sicherlich wird es Einzelfälle geben, die uns eines Besseren belehren werden aber für die breite Masse liegen in den o. g. Bereichen keine überlebensfähigen Modelle. Aber worin sehen wir die Chancen auch mit finanzieller Perspektive?

Auch hier ist die Antwort eigentlich offensichtlich; sie zeigt sich in den Studienangeboten. Die Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) müssen auf ihre Ausbildung bauen und entsprechende Kombinationsmodelle mit wirtschaftlicher und juristischer Dienstleistung anbieten.Ein solches Produkt werden Mandanten gerne kaufen, weil sie die kompetente Dienstleistung aus einer Hand bekommen. Auch wenn sie dann immer noch einen Rechtsanwalt für die gerichtlichen Streitigkeiten benötigen - durch das Angebot auch wirtschaftlicher Dienste macht es nun Sinn, mit den juristischen Fragen im Bereich der Beratung beim Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) zu bleiben.

Zu denken wäre hier zum Beispiel an den Existenzgründungsberater, der neben dem Businessplan auch den Gesellschaftsvertrag entwirft, sich um Subventionen und Beihilfen kümmert; den Versicherungsmakler, der auch im Versicherungsrecht berät, den Finanzberater, der auch im Bank- und Kreditrecht sowie dem Insolvenzrecht berät oder den Personalvermittler, der auch im Arbeits- und Sozialrecht berät; die Werbeagentur, die neben einer Marketingstrategie auch das juristisch Machbare darlegt. Diese Liste kann man lange fortsetzen, die Möglichkeiten sind hier mannigfaltig; insbesondere im Bereich der Unternehmens- und Steuerberatung sind viele sinnvolle Angebote denkbar.

Letztlich wird die Zukunft zeigen müssen, welche Modelle sich durchsetzen werden, wenn die Reform den gewünschten Erfolg bringt.

Zum denkbaren rechtlichen Rahmen wird es demnächst an dieser Stelle auch etwas zu lesen geben.